Schleifkotten an der Wupper - Bielsteiner Kotten

Bau neuer Kotten, 16.12.1573

Foto: Mauerreste 2002

Im Staatsarchiv in Düsseldorf soll es mehrere Urkunden zum Thema Kottenbau geben. Eine dieser Urkunden (Jülich-Berg No.2377) betrifft den Bielsteinerkotten. Vor einer persönlichen Einsichtnahme gebe ich die Lesung wieder, die ich in dem Buch von Dr. Heinrich Kelleter, Geschichte der Familie Henckels in Verbindung mit der Geschichte der Solinger Industrie, Solingen 1924, gefunden habe. In den Beilagen XXIII zu diesem Buch steht folgendes:

»Arnold zu Volkenrode und Clemens Frantz zu Solingen haben um 1571 auf der Wupper am Bilstein unter Hoescheid 2 Schleifkotten ohne landesherrliche Genehmigung gebaut. Sie haben diese nunmehr nachgesucht und verpflichten sich zu einem Jahrespacht von 7 Radermark für jeden Kotten und zur Wahrung des Strom- und Fischnutzes.«

So die Kurzfassung. Ob sie von Kelleter stammt oder auch im Staatsarchiv zu finden ist, weiss ich bisher nicht. Der vollständige Inhalt der Urkunde lautet wie folgt:

Schleifer Wir Arnolt zu Volkenrode und Clemens Frantz zu Sollingen thun kundt und bekennen mit diesem brief vor uns, unsere erben und nachkommen: alß wir vor zweien iahren ungeferlich auff der Wupper ahm Bilstein under Hoescheidt zwehen schleifkotten auf einem graben oder dych one deß durchleuchtigen höchgebornen fursten und herrn, herrn zu Ravenstein etc. unsers gnedigen fursten und herrn vorwissen und gnedige bewilligung aufgerichtet, derwegen ihre f.g. dieselbige widerumb abschaffen zu lassen woll befügt, und aber ire f.g. wir volgendes undertheniglich ersucht und gebetten, in ansehung unseres darauf mit schwören kosten angewendten baweß, muhe und und daß unß zu hoher beschwernuß gereichen solte, solchen baw numhe vergeblich gethan zu haben, denselben hinfurter gnediglich verbleiben zu lassen, mit undertheniger erpiethungh irer f.g., dero erben und nachkommen iarlichs und erblich in irer f.g. kelnerei zur Burg von iederem schleifkotten oder mullen sieben rader marck vor erkenntnus zu geben, daß ihre f.g. demnach in gnediger betrachtung vorerzelter gelegenheit, bitt und erpietungh unß solche schleifkotten gegen die angebottene iarliche erkenntnus und sonst nachfolgende bedingh und conditiones zu haben und zu behalten gnediglich bewilligt haben, also und dergestalt, daß irer f.g. dero erben und nachkommen wir und unsere erben nun hinfurter obangezogene sieben rader marck von iederem schleifkotten iarlichs und erblich auf Martini, doch binnen viertziehen tagen darnach unbefangen in bestimbte irer f.g. kelnerei unsaumblich lieberen und bezalen, daneben ieder zeit den straum in der Wupper ein rode oder zum wenigsten zwelff fueß weit oder breitt und so tief, daß dem vische sein aufganck dardurch nit verhindert, offen lassen sollen. Im fhall aber die Wopper so gar klein were, daß wir khein notturfftig wasser zum schleifen haben kondten, daß wir den tag über allein, wan wir schleifen wollen, daß vurß, offene ordt zusetzen moghen, doch das es des abendts zeitlich wider geofnet und des nachts iederzeit offen gelassen werde. Da wir aber darahn seumigh weren, daß alsdan irer f.g. vischern angemelten dych ahn einem bequemen ortt soweit zu ofnen freistehen solle, wie wir dan auch khein vischers gezeugh noch fewrbuchsen in den kotten haben noch auch von iemandt anders, wer der auch were, in verwahr bei vermeidungh irer f.g. sträff anzunemen gelobt, sondern argelist.

Zu urkundt der warheit haben wir den edlen, erenvesten und höchstgelerten Wilhelm von Scheid gnant Weschpfenninck dero rechten licentiaten, fürstlichen Guilichischen rhätt und ambtman zu Solingen und Burgh, unsern gepiethenden ambtman seiner ed. l. siegell (dweill wir kheinen eigen siegell haben) ahn diesen brieff vor uns, unsere erben und nachkommen zu hangen gebetten. Wilchs ich gerurter ambtman also auch auf solche pitt gern gethon habe in den iaren unsers herrn thausent funfhundert siebentzigh drei ahm sechszehnten tagh des monats decembris.

Or. Perg. mit 1 Siegel in gr. Wachs an 1 Pressel: Schild mit 2 (resp. 1?) Querbalken, im Oberfeld 3 geränderte Byzantiner (Weißpfennige), im Kleinod wiederholt 2:1. Umschrift: S. WILHEL. V. SCHEID G. WESCHPFENING. St.A. Düsseldorf Urk. Jülich Berg [No. 2377] 4064a.)

Mit anderen Worten, die beiden Kotten wurde ohne Genehmigung um 1571 erbaut. Als der Abriss drohte, waren die beiden Besitzer willig jeweils 7 Radermark als jährliche Erkenntnis zu zahlen. Weiterhin verpflichten sie sich, - sofern ich den Inhalt richtig verstehe - das Wehr für den Fischaufstieg durchgängig zu halten. Sollte die Wupper wenig Wasser führen, so wollen sie nur tagsüber den Fischaufstieg schliessen. Sollten sie nächtigst dies einmal vergessen, so dürfen die Fischer diesen leicht erreichbaren Durchlass öffnen. Weiterhin verpflichten sie sich, keinerlei Fischgerät und Schußwaffen (für die Jagd) im Kotten aufzubewahren, sogar Unbefugten diese abzunehmen.

Noch etwas ist anzumerken: Hoescheid, Hoescheidt. Hiermit ist das heutige Hohenscheid gemeint, nicht etwa Höhscheid. Diese Namensähnlichkeit hat in der Solinger Geschichte schon einige Verwirrung gestiftet.

Kelleter gibt in seinem Buch noch 5 weitere Urkundenauszüge vom gleichen Tage an, die alle einen ähnlichen Wortlaut und Inhalt aufweisen. Seine Folgerung: "Einen hohen Aufschwung des Schleifergewerbes halten eine Reihe von Konzessionen fest, die unterm 16.12.1573 für eine Anzahl neuerbauter Schleifkotten vom Amtmann Scheid v. Weschpfennig erteilt wurden. .. Diese ganz ungewöhnliche Ausdehnung des Schleifereibetriebes ging wohl in erster Linie von der Messermacherzunft aus, die 1571 priviligiert wurde."

Die Anlage in Kelleter ist der Antrag eines Arnold zu Volkenrode und Clemens Frantz zu Solingen um eine nachträgliche Genehmigung. Die Bewillung fand um 1952 A. Marschall in Urkunden auf Schloß Burg. Den Wortlaut der Bewillung veröffentlichte er am 31.Dezember 1952 in "Die Heimat", Jg.18, Nr.12, S.35:

Von Gottes gnaden Wir Wilhelm Hertzog zu Gülich Cleve und Berg, Grave zu der Marck und Ravensberg Her zu Ravenstein thun khund und bekennen mit diesem Brieff vor uns, unseren Erben und Nachkommen, daß vor zweien Jaren ungeferlich 1) auf der Wopperen am Bylstein undter Honscheid unsere Underthanen Arnold zu Volkenrode und Clemens Frantz zu Solingen zwein Schleifmüllen auf einem Graben oder Dych ohn unserem Vorwißen und gnediger Bewilligung aufgerichtet, dereswegen wir derselbiger widderumb abschaffen zu lassen wol befugt, aber gemelte unsere Underthanen uns volgendtz undertheniglich ersucht und gebetten un ansehung Ires darauf mit schweren Kosten angewendten Baues, mühe und arbeit und das Inen zu hoher Beschwernus gereichen sollte, solchen bau nunmehr vergeblich gethan zu haben, denselbigen hinfürder gnediglich verbleiben zu lassen mit untertheniger erbietung, uns, unseren Erben und Nachkommen järlichs und erblich in unsere Kelnerei Zur Burg von jederm Schleiffkotten oder Müllen sieben rader marck vor Erkenntniß zu geben, daß wir demnach in gnediger betrachtung vorerhelter gelegenheit bit und erbietung obgedachten unseren Underthanen, solche Schleifkotten gegen die angebottene järliche Erkentnuß und sonst nachfolgende Ordnung und Conditiones zu haben und zu behalten gnediglich überlegt haben und bewilligen hiermit also und dergestalt, daß sie und Ire Erben uns, unseren Erben und Nachkomen hinfurter obangezogene sieben radermark von jederm Schleiffkotten järlichs und erblich auf Martini, doch binnen vierzihn tagen darnach unbefangen, in bestimte unsere Kelnerei unsaumblich lieberen 2) und bezahlen. Daneben sollen sie jederezit den straum 3) in der Woppern ein Rode4) oder zum wenigsten zwölff fueß weit oder breid und so dieff offenlassen, daß dem fisch sein aufgangk dardurch nit verhindert.Imfal aber die Wopper so gar klein were, das sie kein notturffig Wasser zum Schleiffen haben kondten, sollen sie den tag über, allein wan sie schleiffen wollen, das wurß5) offene ort zusetzen mögen. Doch daß das abendtz zeitlich widergeöffnet und des nachts jeder zeit offen gelassen werde. Da sie aber daran seumig weren, sol unsern Fischeren den Dych an einem bequemen Ort zu so weit zu öffnen freistehen. Auch sollen obgemelte unsere Underthanen kein Fischersgezeug noch Feuerbuchsen in den Kotten haben, noch auch von jemands anders, wer der auch were, in Verwahr bei Vermeidung unserer Straff annemen sonder argelist.6)

Zu Urkund der warheit haben wir Wilhelm Hertzog .... unseren Siegel vor uns, unseren Erben unc Nachkommen an diesen Brieff thun hangen.

Geben zu Düsseldorf in den Jarn unsere Hern Tausendfünffhondert dreiundsiebenzig am sechszehenden tag des Monatz Decembris.
(Unleserliche Unterschrift)

1) ungefähr, 2) liefern, 3) Strom, 4) Rute (altes Längenmaß), 5) vorher, 6) Arglist.

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©2002, Michael Tettinger>> Mail, Do. 03.10.2002, letzte Änderung: Fr. 18.10.2002
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