Schleifkotten an der Wupper - Anschlag Kotten

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Wanderbuch

Foto: Anschlagkotten
Anschlagkotten bei Müngsten - Quelle: Horstmann, Siegfried: Von bergischen Menschen und den Stätten ihrer Arbeit, Remscheid 1971 -- Stadtbildstelle Remscheid
Wer heute den Standort des Fotografen aufsuchen möchte, der hat derzeit zwei Möglichkeiten: Angler-Gummistiefel anziehen oder auf den Brückenschlag der Agenda 2006 warten. Das Gebäude ist heute nur noch ein Erfindung des Hirns, der aufnehmende Standort liegt auf einer damals existierenden Wupperinsel. Der abdunkelnde Strich markiert den heutigen Wanderweg Burg-Müngsten.

Zur Geschichte dieses Bauwerkes kann ich nur auf ein Standardwerk verweisen:

Hendrichs, Franz: Die Schleifkotten an der Wupper, Köln 1922, S.72ff

Anschlag Kotten

»Ähnlich wie beim Arnsberger Kotten haben sich die Dinge beim nächst höher gelegenen Anschlagkotten zugetragen. Dieser ist zwar später als Wiesen- und Arnsberger Kotten erbaut worden, denn die Karte von 1715 weist ihn nicht auf. Der Doppelkotten galt indes allgemein als "Altertümchen", wohl weil er in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten geblieben war. In beiden Kotten wurden von je her sowohl Schwertklingen und -scheiden und Tafelmesser, als auch Sägen, Beitel, Hobeleisen und Schlittschuhe geschliffen. Der innere Kotten gehörte der Familie Meis und Abraham Picard; 1880 brannte der obere Teil dieses Kottens ab. Man konnte sich über den Neubau nicht einigen, zumal die Beschaffung der dazu benötigten Mittel auf Schwierigkeiten stieß. Zwar hatte man die durch den Brand offen gerissene Wand vorläufig mit Brettern verschalt; als aber im November 1890 ein außerordentliches Hochwasser einsetzte, fiel diesem der Rest des hinteren Kottens samt allem Werkzeug zum Opfer. Wir haben hier wieder einen Beweis dafür, ein wie schlimmer Gast das Hochwasser von je her für die Wupperkotten war. An den alten Kotten werden die Wassermarken noch gezeigt, so am Balkhauser Kotten. Außer im Jahre 1890 waren 1888 und 1846 schlimme Hochwasser zu verzeichnen; die schlimmste Hochflut der Wupper aber seit Menschengedenken soll das Jahr 1852 gebracht haben.

Auch der Tätigkeit des vorderen Anschlagkottens, als dessen letzte Eigentümer die Schleifermeister Clauberg und Moll genannt werden, wurde durch einen Brand um 1895 ein Ende gesetzt. Beide Kottenteile wurden nicht wieder aufgerichtet. Nur Trümmer und Teile des Ober- und Untergrabens erinnern noch an die alte Stätte. Wenn auch das für den Anschlagkotten zur Verfügung stehende Gefälle stets ein geringes war und das Arbeiten durch Maßnahmen der darüber und darunter befindlichen Kotten dauernd derart erschwert war, daß man bei geringem Wasserstande nie so lange schleifen konnte wie in jenen Kotten, so hat ein noch erhalten gebliebener Lageplan (Abb. 35) der Stauanlage in mehr als einer Hinsicht Anspruch auf unsere Aufmerksamkeit. Das frühere Wehr hatte sich unter Zuhülfenahme einiger Wupperinseln besonders einfach gestaltet und bequem die Anlage eines "Fischdammes" an der an dem Obergraben gegenüber liegenden Wupperseite ermöglicht. Ein derartiger Fischdamm, der in erster Linie zum Fangen von Forellen und Lachsforellen eingerichtet war, ließ das Wasser nur bis zu einer geringen Tiefe und zwar bis zu einem halben Meter anstauen. Dabei war die Einrichtung so getroffen, daß die auf dem Wege zu den Laichstellen flußaufwärts ziehenden Fische wohl in das angebrachte Gitter springen, bei der starken Strömung und dem flachen Wasser jedoch nicht wieder heraus zu springen vermochten. Die Gerechtsame, an der Stelle des früheren Anschlagkottens das Wuppergefälle auszunutzen, erwarb 1894 Otto Jörgens, Burg a/d Wupper; sie ging 1916 an die Fabrik elektrischer Zünder, Köln über.

Abbildung 35 - Lageplan Anschlagkotten

Jetzt richten sich die Augen der Beschauer kaum noch auf die alte Kottenanlage und hin nach den Resten des Wehres, sondern sie sind in die Höhe gebannt durch das gewaltige und zugleich feingegliederte, nur vom Zweckgedanken erfüllte und doch wieder, vielleicht gerade darum in der Linie so harmonisch wirkende Bauwerk, die Müngstener Brücke. In diesem Jahre sind 25 Jahre seit ihrer Inbetriebnahme verstrichen. Beim Bauen der Brücke diente eines der kleinen Inselchen, wie früher der Wehranlage, so jetzt der Hülfsbrücke als Stützpunkt. Zum zweiten Male kreuzt unsern Weg, der an alten Burgen und Kottenanlagen entlang führt, ein metallener Zug in eigenwillig gerader Linie: Das Bergische Land ist nicht zum Verträumen über eine reiche Vergangenheit, sondern zu einer Zukunft berufen, in die sich die metallenen Arme gleichsam wie Fühler ausstrecken. Für uns kommt es allein darauf an, welchen Gebrauch wir von den in unserer Zeit liegenden Entwicklungsmöglichkeiten zu machen wissen. «

Soweit die Schilderungen von Franz Hendrichs. Als Hinweis für denjenigen, der die Wanderung nachvollziehen möchte: Franz Hendrich folgte der Wupper stromaufwärts.

Ausschnitt Ploennies 1715
Ploennies 1715

Etwas verstehe ich nicht an der Beschreibung von Franz Hendrichs. Angeblich weist die Karte von Ploennies aus dem Jahre 1715 noch nicht den Anschlagkotten aus. In dem zugehörigen Kartenausschnitt ist an dem beschriebenen Standort ein Doppelkotten eingezeichnet. Ist es ein anderer Schleifkotten?

Und da wir schon einmal bei Ungereimtheiten sind, so wäre hier noch der Name Müngsten anzuführen. Woher kommt der Ortsname Müngsten, der in der Karte von Ploennies mit Münsten verzeichnet ist? Vielleicht von der Rodung im Kirchspiel Cronenberg, die unter dem Namen "Im Untersten" bekannt ist? Möglicherweise von einem Andreas Müngsthausen.... Mundstein für Mündung des Morsbaches ist auch noch im Gespräch....

Nachtrag aus dem Jahre 1811, aus alten Zeitungsbänden:
Der Verkündiger vom 16.11.1811

Verkaufsanzeige
Endesunterzeichner ist Willens, seinen nahe bei der Bourg, am sogenannten Schwarzenwaag gelegenen, sich in sehr gutem Stande befindlichen halben Schleifkotten; so wie auch einen am Anschlag gelegenen, ebenfalls in sehr gutem Stande seyenden Einvierteltheil Schleifkotten, auf Samstag, den 23. dieses Monates November, des Nachmittags präcise um 2 Uhr, bei Wirthen Abraham Clauberg zum Dorfe, aus freier Hand, zu sehr billigem Preise, zum meistbietenden Verkauf auszustellen, wozu die Kauflustigen höflichst eingeladen werden.
Wieden, den 11. November 1811
Joh. Wilh. Kaymer


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So. 03.02.2002, letzte Änderung: Fr. 24.09.2004
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