Schwarzwaager Kotten

Schleifkotten an der Wupper
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Franz Hendrichs, Die Schleifkotten an der Wupper, Köln 1922, Seite 64f

Schwarzwaager Kotten

» Wir wandern weiter. Das Tal verbreitert sich. Der fruchtbare Boden wird zu einem großen Gemüsegarten. Noch eine kleine Wendung und unser Auge ruht auf dem steil sich erhebenden Burger Berg mit dem weithin sichtbaren alten Schloß. (Abb. 32).

Federzeichnung zeigt Schloss Burg von Westen aus gesehen  
Abbildung 32 - Schloss Burg an der Wupper. Nach einer Zeichnung von Artur Uellendall.
Die Zeichnung zeigt Schloss Burg kurz nach dem Brand im November 1920. Der Dachstuhl des Palas ist auf der Zeichnung nicht zu erkennen.

Als Torwächter scheint er das Tal fast zu verriegeln. Denn die Wupper macht hier einen scharfen Knick im rechten Winkel. Verlief unsere Wanderung bisher in der Hauptrichtung von Westen nach Osten, so führt uns die Wupper von Burg ab von Süden nach Norden. Ehe wir uns aber den ersten Häusern von Unter-Burg nähern, gewahren wir an der Wupper noch Spuren einer längst dahin gesunkenen kleinen Betriebsstätte. Hier stand in alten Zeiten, wie auch schon von Plönnies eingezeichnet, der Schwarzwaager Kotten - im Volksmund der Schwarze Woog genannt -, in dem nach den wenigen, uns hiervon überkommenen Nachrichten auch Messerklingen geschliffen worden sind. Waag oder Woog besagt soviel wie Stauteich, und wahrscheinlich war Schwarz der Name des Besitzers. Denn die heute so nahe liegende Deutung des schwarzen Stauteiches war damals ohne jede Begründung. Grade die Geschichte von Burg an der Wupper beschäftigt sich viel mit der Wupperfischerei. Das Wasser war noch nicht getrübt. Der Fang von Forellen, Lachsen, Barben, Mönen, Aalen und Krebsen war so einträglich, daß nicht nur der Hof der Grafen vom Berg und die nähere Umgebung versorgt werden konnten, sondern auch ein lebhafter Handel nach Köln und Düsseldorf betrieben wurde. 1823 wird berichtet, daß der Eisgang den Burger Selbstfang für Lachse weggerissen habe. Die Fischerfamilie Eichholz lebte sogar noch bis 1875 vom Fisch- und Krebsfang an der Burg, und 1890 konnte das Vieh noch mit Wupperwasser getränkt werden.«

Soweit die Beschreibung von Franz Hendrichs. Die genannte Karte von Erich Philipp Ploennies kann ich in zwei Versionen anbieten:

Ausschnitt aus einer Landkarte, die aus dem Jahre 1715 stammt
Zitierte Landkarte (Ausschnitt) aus dem Jahre 1715 von Ploennies bei Hendrichs auf Seite 15.
Dürfte eine unvollkommene Umzeichnung der Karte im Staatsarchiv Düsseldorf sein.

Ausschnitt aus einer Landkarte, die aus dem Jahre 1715 stammt
Gleicher Kartenausschnitt aus einer Reproduktion, die 1988 von Burkhard Dietz im Auftrage des Bergischen Geschichtsvereins herausgegeben wurde.
Die beiden vermuteten Namen der Wasserbauwerke hab ich nachträglich eingezeichnet.
Was nicht unbedingt stimmen muss.

Im nächsten Kapitel über Burg an der Wupper geht er auf die wechselvolle Geschichte der Walkmühle ein, deren Antriebsräder ebenfalls von der Wupper bewegt wurden.

Burg an der Wupper

»Während die Fischerei im ganzen aber nur wenige Bürger beschäftigte, widmete man sich dort besonders der Herstellung von Wolldecken. Lange Zeit hat indes auch die Herstellung von Flintenläufen einige Bedeutung gehabt. Grade unterhalb des Städtchens Burg treibt heute noch die Wupper zwei nebeneinander liegende Anlagen, die durch ihre abwechselungsreiche Vergangenheit einen Einblick in die Burger Industriegeschichte gewähren. An Stelle des jetzigen Außenkottens befand sich früher eine Walkmühle, in der viele Jahrhunderte hindurch die Walkmühlendeckencorporation, der sämtliche Burger Wollweber angehörten, ihre Wolldecken zum Walken einlieferten, d.h. hier wurde das Gewebe der Decken mit Walkerde behandelt und geklopft, um es zu verdichten. Die früher in Burg recht bedeutende Wolldeckenindustrie ist mehr und mehr zurückgegangen und hat seit dem letzten Krieg aus Mangel an Rohstoffen ganz aufgehört. Die Walkmühle, die schon seit längerer Zeit ihrem Zweck nicht mehr diente, wurde abgerissen, 1890 an deren Stelle ein Neubau errichtet, der dann in erster Linie als Schleiferei für Feilen benutzt worden ist.

Über das gegenüber liegende Gebäude, den Innenkotten, reichen genauere Unterlagen noch weiter zurück. Nach den Akten Jülich-Berg, Amt Solingen *) machte "im Jahre 1685 der Laufenschmied zur Bourg Johann Schmitt bei dahiesiger Hofkammer die untertänigste Vorstellung, daß er aus der Ursache Serenissimo mit seiner Arbeit nicht nach Wunsch aufwarten könnte, weil er nur die Hälfte des kleinen auf der Eschbach gelegenen Schleif- und Bohrmühlgens eigenthümlich innehätte, mit der beiläufigen Erinnerung, daß unweit demselben auf dem Wupperfluß eine Kameraldrahtmühle abhanden wäre, welche lange Zeit ungebraucht still läge, dem unerachtet aber alljährlichs mit vergeblichen Kosten unterhalten wurde." Er bat, "ihm dieselbe als Bohrmühle zu concedieren." 1688 wurde diesem Antrage entsprochen und die bis dahin als Drahtmühle betriebene Anlage als Schleif- und Bohrkotten in Erbpacht gegeben. Die hierüber berichtende, im Besitz des Fabrikanten Otto Jörgens, Burg befindliche Urkunde **) stellt einen köstlichen Beitrag zur hiesigen Industriegeschichte dar. 1799 gab es noch vier Burger Gewehr-Hersteller, die alle der Familie Schmitz angehörten und als Zeichen "den wilden Mann" schlugen. ***) Als auch diese Industrie sich in Burg nicht mehr halten konnte, verfiel der Schleif- und Bohrkotten. 1818 erhielt Jacob Forstmann die Genehmigung, an dieser Stelle eine "Fruchtmahlmühle" zu errichten, die dann bis 1830 in Betrieb gewesen ist, wo sie niederbrannte. Nach dem Wiederaufbau und zwar als vierstöckiges Gebäude wurden die oberen Geschosse als Spinnerei für Wolle und Baumwolle, als "Zaumühle", benutzt, während in den beiden unteren Stockwerken im Sommer Pappen und im Winter Papier, darunter feinstes Büttenpapier hergestellt wurde. Letzteres dauerte bis 1854 an, dann lagen die unteren Räume lange still. 1890 wurde darin erneut eine Pappenfabrik, 1911 eine mechanische Weberei eingerichtet, bis in der auf den letzten Krieg [Erster Welkrieg, 1914-1918] folgenden Besatzungszeit die Räume den englischen Truppen zur Unterkunft zur Verfügung gestellt werden mussten.

Foto: Die Gebäude der 'Walkmühle'
   Außenkotten
Walkmühle
1890: Feilenschleiferei
Innenkotten
Drahtmühle
1688: Bohrmühle
1818: Fruchtmahlmühle
~1830: Spinnerei (Jacob Forstmann, später Friedrich Forstmann)
Die Gebäude der sogenannten Walkmühle in Burg an der Wupper im Jahre 2004. Dort, wo das schwarze, horchende Auto steht, verlief früher der Untergraben.

Wegen der Wassergerechtsame bestanden zwischen den beiden Kotteneigentümern langwierige Zwistigkeiten, denen der damalige Inhaber der Burger Firma Forstmann & Co., Otto Jörgens, erst 1916 ein Ende machen konnte.

Jetzt befinden sich beide Kottenanlagen im Eigentum der nahe gelegenen Feilenfabrik Georg Niebch & Söhne. Die Firma Forstmann legte dagegen 1852 an der Wupper oberhalb der Burg ihre Papierfabrik an. Beim Bau des Wehrs zu dieser Anlage, wie es im Volksmunde dort heißt „an der Donau“, stieß man auf dem Solinger Ufer auf Reste eines längst verschollenen Kottens, vor allem auf gut erhaltene Teile eines Wasserrades.«

Erlaubnis-Urkunde aus dem Jahre 1688

Anlage 8 in: Franz Hendrichs, Die Schleifkotten an der Wupper, Köln 1922, S.92

Von Gottes Gnaden wir Johann Wilhelm Pfalzgraf und Churprintz bey Rhein, in Bayern, zu Julich, Cleve und Berg Herzog, Grave zu Veldenz, Sponheim, der Marck und Ravensberg, Moers, Herr zu Ravenstein etc.

thuen kund und bekennen hiemit vor uns, unseren Erben und Nachkommen Herzogen zu dem Berg etc. Demnach uns unser Büchsen, und Laufschmied zur Burg Johann Schmits unterthänigst gebetten, ihme unser vor Jahren an der Burg auf dem Wupperstrohm erbaute, nunmehr aber in stillstand gerathene Drahtmühle in gewissem Erbpfacht zu verlassen, gestalten bemelte Drathmühle in eine Schleif- und Bohrmühle zu verändernm daß wir dannhero auf sonderbahren gnaden demselben vor sich, seine Haußfrau und Kinder allsolche, ohne daß jetzo unbrauchbahr und fruchtlos stehende Drathmühle vorbehaltlich des innerwendigen Baus, des Drathwerks umd der darzu vorhandenen instrumenten und waß denen anklebig in Erbpfacht gnädigst überlassen haben. Wie wir dan solches hiermit und kraft dieses dergestalt, daß er bemelte Drathmüll in eine Schleif- und Bohrmühle auf seine eigene Anlage und Kösten, außer daß wir ihm darzu zwey fuhren Hölzer gnädigst beywerfen wollen, richten, und solchem nacb dieselbe zu seinem besten urbahr und Nutzen, und zwarn a dato dass der zum Laufmachen vorhabender newer Baw in perfection und gang gebracht sein wird, die erste zwölf Jahr allerdings frey ohne Gebung einiger recognition geniessen; nach deren Verfliessung aber und alsdan uns ider unser Rechenkammer die concession in originali nit zurück geliefert wirt, alle und jedes Jahrs zum jährlichen Erbpfacht zwey Goldgulden in unsere Kellnerey burg richtig lieferen, und wohl bezahlen solle; so fern aber er Johann Schmit, seine Haussfrau und Erben hernegsz in bezahlung sothane zwey Goldgulden jährlichen Erbpfachts also säumig, nachlässig oder brüchig befunden würden, dass dieselbe drey Jähr lang unentrichtet zurückbliebe, solchenfalls sollen die Erbpfachtung umb und auss, und uns unseren Erben und Nachkommen frey sein sothane Schleif- und Bohrmühle mit aller Besserey und Kösten wider ein zuziehen, auch uns aller Hindernisse und Schadens an ihme und den seinigen zu erhohlen. Urkund unseres gnädigsten Handzeichens und hier angehengten Secretsiegels. Düsseldorf, den 13. Febr. 1688

Johann Wilhelm
Churprintz
J. W. de Roy
pro concordanti cum orginaliy
Krahe Gerichtsschr.

Ausschnitt aus einer 1844 gezeichneten Landkarte, der den Verlauf der Wupper in Unterburg zeigt.
Aufgenommen und gezeichnet im Jahre 1844 von Voss.

©2004 Michael Tettinger
Do. 01.07.2004 - Do. 08.07.2004
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