Schleifkotten an der Wupper - Untenrüdener Kotten

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Wanderbuch

Wie schon an anderer Stelle erwähnt, fand ich in unserem Bücherregal dieses unscheinbare Buch aus dem Jahre 1922. Hier das Kapitel zum Untenrüdener Kotten.

[Hendrichs, Franz: Die Schleifkotten an der Wupper, Köln 1922, S.44ff]

Franz Hendrichs
Untenrüdener Kotten

Abb.19: Blick auf Obenrüden, um 1920
Foto: Blick vom Mühlenberg auf Rüden
Blick vom Mühlenberg auf Fähr, Wupper und Obenrüden, April 2006. Leider verhindert die Vegetation den uneingeschränkten Blick.

»Zwischen Obenrüden und der Brücke nach Fehr[Fähr] erblicken wir ein kleines, wenig ansehnliches Gebäude, den Untenrüdener Kotten. Heute steht von ihm nur noch der Innenkotten, obgleich eine Karte vor etwa 100 Jahren auch diesen Kotten als Doppelkotten verzeichnet. Das Vorhandene besteht aus alten und neuen Teilen. 1905 beantragten [Akten der Stadt Höhscheid] Math. Ern und Dan. Voos, beide zu Obenrüden, an der Stelle des wieder einmal abgebrannten unteren Kottenteils ein neues Schleifereigebäude errichten zu dürfen, das für vier Schleifer Arbeitsgelegenheit schaffen würde. Es heißt in dem Antrage: "Da die Antragsteller Glieder einer Familie sind und in unmittelbarer Umgebung wohnen, dürfte von der Beschaffung eines Ankleideraumes und einer Waschgelegenheit abgesehen werden können." Der ältere Teil der Anlage, also die obere Hälfte des Kottens nebst dem Antrieb und den ganzen Wasseranlagen, gehörte 1906 August Kirchhoff zu 4/6, Reinhold Witte zu 1/6 und Richard Witte zu 1/6. August Kirchhoff hatte damals sechs Stellen vermietet. Heute werden in dem Kotten hautsächlich Tischmesserklingen geschliffen. Der Hauptantrieb dieses Kottens unterscheidet sich von dem bisher betrachteten Kotten dadurch, daß an der Stelle der Kegelräder hier auf der Hauptantriebswelle ein größeres Rad mit Innenverzahnung angebracht ist, in das ein kleines Zahnrad, ein "Ritzel", eingreift und auf diese Weise die empfangene drehende Bewegung mit vergrößerter Umdrehungszahl weitergibt. Wir werden noch an anderer Stelle Gelegenheit haben, hierauf näher einzugehen.«

traditionelles Werbeplakat, Wupper in Flammen

Soweit die Schilderungen von Franz Hendrichs aus dem Jahre 1922. 2003 erinnert kaum noch etwas an den beschriebenen Zustand. Das Wehr ist abgetragen, Ober- und Untergraben zugeschüttet. Aber einmal im Jahr erwacht der ehemalige Kotten aus seinem Dornröschenschlaf und zieht hunderte Festtagsgäste und Zuschauer an. Der Verschönerungsverein Rüden-Friedrichstal feiert hier sein Sommerfest, dessen krönender Abschluss ein Brilliantfeuerwerk bildet. Diese Veranstaltung ist auch unter dem Namen "Wupper in Flammen" weit über die Stadtgrenze von Solingen hinaus bekannt. (nächster Termin: 21.+22. Juni 2008)

Hendrichs sprach von einer Karte von vor etwa 100 Jahren. 1922-100 = 1822, ich habe eine Karte gefunden, die in den Jahren 1824–1825 entstanden sein soll. Ob diese Karte gemeint ist, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Die mir vorliegende Karten-Reproduktion ist so bescheiden, dass ich nicht mit Sicherheit erkennen kann, ob hier ein Ein- oder Zweisterne-Kotten eingetragen ist, tendiere aber zu einem einzelnen Kotten auf der Insel. Der Obenrüdener Kotten (rechts auf der Karte unter Nummer 20) ist eindeutig als Doppelkotten eingezeichnet. Warum die Bezeichnung Obenrüden und Untenrüden gegenüber der heutigen Bezeichnungweise vertauscht ist, dürfen Sie mich nicht fragen.

Karte
Ausschnitt: Kartenaufnahme der Rheinlande unter v. Müffling 1824–1825
Die Legende zu dieser Karte dokumentiert:
20Rüdener % Schl.K
21Steubers ?
22Friedrichsthaler Schl.K

Zu dem unter Punkt 21 eingetragenen Wassertriebwerk könnte folgende Verkaufsanzeige aus dem Jahre 1854 passen:

Verkauf der Steuversmühle zu Rödel

Auf Anstehen des Müllers und Bäckers: Herrn Wilhelm Kuhler, soll die demselben zugehörige, zu Rödel, in der Gemeinde Leichlingen gelegene "Steuversmühle", bestehend aus Wohnhaus mit anhabender Fruchtmühle und Backhaus, Viehstallung und Holzschuppen, und circa 10 Morgen an Gebäudefläche, Teich, Garten, Ackerland, Wiese und Holzung,

am Samstag, den 28.Oktober d. J., Nachmittags 2 Uhr, in der Wohnung des Wirthes Carl Knecht zu Rödel am Fähr,

öffentlich meistbietend verkauft werden. Der Antritt erfolgt nach Belieben sofort oder auch mit 1ten Mai künftigen Jahres.

Opladen, den 16. September 1854.
Bieler, Notar.

Quelle: Solinger Kreis-Intelligenzblatt, 7. Oktober 1854
Karte
Ausschnitt: Preußische Kartenaufnahme – Uraufnahme – 1844

©2003–2008 Michael Tettinger, Mi. 25.06.2003, letzte Änderung: So. 15.06.2008 Tettis Homepage Seitenanfang