Glüder

Ausgangspunkt für interessante Wanderungen
Foto: Camping-Platz Glüder

Einleitung

1922 schreibt Franz Hendrichs in sein Wanderbuch:

»Auf der anderen, also linken Wupperseite, etwas oberhalb des Balkhauser Kottens hat man in früheren Jahren mit großem Fleiß nach Kohlen gegraben, mußte sich aber mit einer so bescheidenen Ausbeute begnügen, daß der Versuch wieder aufgegeben wurde. Auf unserem Wege kommen wir nach Glüder, wo sich von der linken Seite der Sengbach in die Wupper ergießt, der früher so fischreich war, daß er auch wohl "Goldener Forellenbach" genannt wurde. Heute speist er die Solinger Talsperre und liefert dadurch Solingen das Trinkwasser.

Foto: 2003, Sengbach, Winterhochwasser

Unweit des Strohnerhofes, der früher im Besitz des Maltheserordens war, erhebt sich jetzt das städtische Turbinen- und Pumpwerk, das mit der Talsperre in unmittelbarer Verbindung steht und die Wupper zum Antriebe nutzt.«

Karte

Was fällt mir heute zu dieser Hofschaft im Süden von Solingen ein?
Die kläffenden Vierbeiner im Tierheim (ehemaliger Standort des Strohner Hofes), die 'Drei vom Imbiss', schönster Campingplatz in Solingen (Waldcamping Glüder - Zeltplatz), Brücke nach Witzhelden, Minigolf bzw. Miniaturgolf (wg. Pächterwechsel derzeit geschlossen seit Juni 2006 wieder geöffnet), einstiger Märchenwald, Ausgangspunkt für Wanderungen, Wupper-Pegel, Gewässerkreuzung, Sengbachtalsperre, Waldhaus Strohn, ... vergessen hätte ich fast den hier 1979 gelegten Grundstein der legendären Solinger Diskothek Getaway und damit die vielen Besucher, die sich jeden Freitagabend immer wieder dieselbe Frage stellten: "Wie komme ich da hin?" Der Name der Diskothek war perfekt gewählt. Ist aber auch nur noch eine der vielen Geschichten, die sich um diesen Ort ranken.

Foto: Glueder
Ehemalige Räumlichkeiten der Diskothek Getaway (vor dem Umzug 1992 in die ehemaligen Beckmann-Brauerei in Ohligs residierte das „Get“ hier.) 2018 schloss das Getaway die Türen in dem neuen Domizil.

Unser Stadtgeschichten-Schreiber Rosenthal erwähnt Glüder in seinem ersten Band nur im Zusammenhang von kriegerischen Handlungen. Demnach wurden Glüder und der Strohner Hof im Juli 1633 vollständig ausgeraubt (die Übeltäter nennt er nicht). Der nächste Übergriff soll im Dezember 1672 stattgefunden haben, als französische Soldaten den Hof Glüder ebenfalls plünderten und abbrannten. Durch eine Kollekte konnte dem geschädigten Bauern aber geholfen werden (Seite 225 bzw. 275).
Seltsam, ob der Bauer schon vorsorglich die Kollekte beantragte?

“Das unruhige 18. Jahrhundert begann mit dem Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1713/14). Im Oktober 1702 setzten die Franzosen unter Marschall Tallard zu einem Raubzug über den Rhein. Während der Schreckenstage des 5. und 6. Oktober plünderten sie Glüder und Strohn...„ (Band II, S.9)

Wieweit Rosenthal mit diesen Angaben die Vergangenheit zutreffend beschreibt, bleibt noch zu klären. An anderer Stelle gibt es noch einen Hinweis auf die Schreckenstage des 5. und 6. Oktober 1702. Hans Brangs fügte im August 1968 in Die Heimat (S.32) einige Details zu den Morden und Plünderungen, ausgeführt von französischen und kurkölnischen Soldaten, dem geschichtlichen Puzzle hinzu. .. Clemens Dickes zur Gosse stirbt durch einen Kopfschuss .. Peter Johann wird in Wilhelm Soeters Behausung geboren..

Mittlerweile ist wieder Ruhe in das Tal eingetreten. Die Diskothek ist in einen ehemaligen Biertempel ins nahe gelegene Ohligs abgewandert, zeitweise sorgt die Leitung vom Tierheim für kurzweilige Schlagzeilen, ansonsten gute Nacht. Manchmal "stranden" auswärtige Besucher in Glüder, diese werden aber nicht als Eroberer empfunden, sondern als gern gesehene Gäste und Gleichgesinnte im Tal der wippenden Wupper aufgenommen (für den lokalen Sprachschatz: Durchcamper).

Max Schmidt brachte seine Eindrücke zu Glüder schon 1925 zu Papier.

Foto: Glüder
Geöffnet ist die Klause, die vom Camping-Platz :~: zu Glüder
Links und Rechts des Weges:

Foto zeigt den verwaisten Standort der Telefonzelle
Und schwubs ist die Zelle weg.
Foto zeigt Transparentreste mit der Beschriftung: Landhaus Glüder Neueröffnung Biergarten
Wie lange mögen diese Reste die Bäume dekorieren? Ich nehme noch Vorhersagen entgegen. - Irgendwann im November 2004 war es soweit.

Seit einigen Tagen hat auch das Landhaus Glüder wieder seine Pforte geöffnet, von Donnerstag bis Sonntag. (So mein Wissensstand Ende Mai 2004.)
Wie es aussieht (September 2004), war dies nur ein sehr kurzes Gastspiel. Verriegelt und verrammelt ist jetzt nicht nur die Gaststätte, der Minigolfplatz hat aus Solidarität gleich seine Pforten mitgeschlossen. Die Telekom konnte nicht hinten anstehen und nahm gleich ihr gelbes Häuschen komplett mit.

Seit Anfang Juni 2006 hat die Miniaturgolfanlage wieder für den Spielbetrieb geöffnet.


1967 warb der damalige Pächter mit dieser Darstellung auf einer Ansichtskarte.
Foto: Haus Glüder, 1967

Knapp 40 Jahre später .. Foto: Landhaus Glüder im Jahre 2004
Der unvollendete Anstrich ist neu, die steile Dachkonstruktion schon etwas älter. Wann die Fenster ausgetauscht wurden, ist mir bisher unbekannt.

Vor mehr als hundert Jahren gab es an dieser Stelle schon ein Restaurant: Carl Soffel/1900