Schwarzwaager Kotten

Schleifkotten an der Wupper
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Bergische Heimatblätter, 1928, Nr11, Seite 42f

Burgtaler Sensenschmiede und Schleifer an der Wupper

Von Waldemar Specht, Burg.

» Die Flußtäler Burgs - südwestlich der Wupper, nordöstlich des Eschbaches - sind uraltes Industriegebiet. Im unteren Eschbachtal bis ins Burgtal wurden Jahrhunderte hindurch für das (seit 1600 privilegierte) Remscheider Sensenschmiede-Handwerk, aus dem die späteren Fabriken hervorgingen, Sensen geschmiedet. Ein Spaziergang in die Zeit vor 100 Jahren läßt jene alte Eschbachtaler Industrie wieder lebendig werden. Damals (1829) stand die Hauptsensenfabrik an dem Teich des jetzigen Neuwerks (Steffens). Das frühere Herzoglich Bergische, zum Schloßareal gehörige Werk hatte Ludwig Hasenclever in Ehringhausen von der preußischen Regierung erworben. Zu der eigentlichen Fabrik, die aber auch nur ein größeres Hammerwerk war, gehörten noch zwei kleinere, oberhalb liegende Hämmer. Gleich diesen arbeiteten auch die unterhalb liegenden Hämmer (Liehnshammer, Luhnshammer und Neuehämmer) für die Sensenfabrik.

In den Neuenhämmern, die ebenfalls Ludwig Hasenclever gehörten, schaltete Abraham Nöll als "Meisterknecht" (Hammermeister) mit Peter Johann Höhfeld, Ferdinand und Karl Röntgen aus Reinshagen. Meisterknecht im Liehnshammer war Wilhelm Dörpfeld von Sellscheid (der Vater des berühmten Schulmannes), im Luhnhammer Abraham Wilms von Westhausen und im Sensenhammer Caspar Braake (der Sturmglockenläuter von 1848), - jeder mit einem Knecht und einem Lehrling. Die Hammerarbeit war so eingestellt, daß der Meister den rohen Stahl "bereitete", der dann von den Gehilfen "gereckt" und zu Sensenklingen "gebreitet" wurde. Dann wanderten die rohen Sensenklingen in die Sensenfabrik. Hier arbeiteten 8 Mann: Arnold Halbach war "Meister und Härter". Peter Halbach und ein John von Solingen "klipperten" (am Klipperhammer), Caspar Halbach "bläute", Ferdinand Enke bog die "Hamen" und schmiedete glatt. Wilms, Bäcker und Bornefeld (von Pohlhausen), "rückten" die Sensen (versahen sie mit einem Rücken).

Weiter oberhalb in den beiden Kellershämmern (Eigentümer David und Josua Hasenclever) mit den Meisterknechten Arnold Nöll und Wilhelm Wüllenweber wurden die Sensen für die Fabrik in Altenhammer vorbereitet.

Bei gutem Wasserzufluß rechnete man als normale Arbeitsleistung eines Hammers jährlich 770 Zentner Rohstahl und 630 Zentner fertige Ware. Nach der Stahlmenge richtete sich auch der Arbeitslohn. Ein vollbeschäftigter Hammermeister brachte es auf 185 Taler, ein Knecht auf 110 Taler Jahreslohn. Wenn der Hammerherr, was häufig geschah, nur den Meister und dieser die Hilfskräfte annahm, konnte der Meister für sich durch geschickte Verwendung der Lehrlinge noch kleine Vorteile herausschlagen. Die fertige Ware wurde an Ort und Stelle verpackt und verladen. Der Fuhrmann hielt mit der Ladung noch einmal am Kontor der Hammerherren, wo er Frachtbrief und Rechnung empfing. So wurde dem Hammerschmied Preis und Abnehmer der Sensen nicht bekannt.

Einige Jahre später (1834) war man in einzelnen der Burger Hämmer bereits zum Ausrecken von Kutschenfedern und Schwertern übergegangen, und 1838 wurde die Sensenfabrik in eine Schleiferei umgewandelt. Damals wandten sich auch die Hämmer von der Sensenschmiederei ab und, soweit sie nicht in der neuen Burgtaler Fabrik aufgingen, mehr und mehr der Solinger Industrie zu. Als letzter Nachkomme der alten Hammerschmiedefamilie Braake betrieb Herr August Braake in Burg noch im Weltkrieg [der erste; mte] einen Hammer im Lohbachtal. -

Kein einziger der alten Eschbachhämmer gehörte einem Burger Bürger. Mit den Schleifkotten an der Wupper verhielt es sich ebenso. Waren es dort Remscheider Herren, so streckte hier Solingen seine Arme nach Burg aus.

Die meisten Wupperkotten standen und stehen im gemeinsamen Eigentum mehrerer Familien. Durch Vererbung auf Kind und Kindeskinder entstanden mitunter verwickelte Eigentumsverhältnisse, die sich beispielsweise bei der Aufstellung des ersten Teilnehmerverzeichnisses der Wuppertalsperrengenossenschaft [29. November 1895 Gründung beschlossen, 29. April 1896 Statut durch preußischen König genehmigt; mte Romerike Berge, 1990, Heft 3, S.15] erschwerend bemerkbar machten.

Vor 100 Jahren [1828; mte] gehörten auch die Burger Schleifereien mehreren Solinger Familien:

  • der Wiesenkotten gehörte Abraham Kaimer in Jagenberg, Abraham Meis, Abraham Clauberg und Daniel Clauberg in Dorp;
  • der erste Schwarzwagerkotten (oder Schwarzenwogskotten) gehörte Abraham Meis in Steinsiepen, Abraham Kirschbaum und Abraham Lauterjung in Wieden; Foto: Akte aus dem Jahre 1828
  • der zweite Schwarzwagerkotten Abraham und Johann Lauterjung in Wieden.

Bei der Vorliebe der alten Solinger Schleiferfamilien für alttestamentalische Vornamen hätte man die Kotten auch "Abrahamskotten" nennen können. Vielleicht trug es sich zu, daß man am "blauen Montagnachmittag" der Abraham zum Abraham in den Kotten kam und nach dem Abraham frug, der aber nicht da war, weil er beim Abraham im Wiesenkotten noch bei der Flasche "Klaren" saß ...

Später gingen die Burger Hämmer und Kotten größtenteils in Burger Hände über. Von den drei Schleifkotten sind die beiden, unterhalb Burg gelegenen Schwarzenwogskotten seit langen Jahren spurlos abgetragen. Nur der Wiesenkotten (letzter Burger Eigentümer war Herr Otto Jörgens) steht noch, die Burger Schleifer haben ihm aber den Rücken gekehrt.

Zwischen den schmiedenden und schleifenden Remscheider und Solinger Grenzbetrieben lebte und webte das Burg der Deckenmacher und Bretzelbäcker, - das eigentliche, von fremden Einflüssen unberührte Burg. «

Foto: Titelblatt des Mühlenkatasters

Quellen nennt Specht in seinem Beitrag leider nicht:-)
Welche könnte er genutzt haben?
Dieses Rätsel dürfte gelüftet sein; ich tippe auf das Mühlenkataster der Gemeinde Burg von 1828-1842.
Die genannten Namen der Solinger Schleifer stehen so in dem Beitrag:

Während Waldemar Specht seinen Artikel verfasste, veröffentlichten 1928 Wilhelm Engels und Paul Legers ihr Buch: 'Aus der Geschichte der Remscheider und Bergischen Werkzeugindustrie'.

Nebenbei noch eine Frage: Warum verschweigt Specht, dass der Wiesenkotten ebenso wie der Schwarzwaager Kotten aus zwei eigenständigen Gebäuden bestand?


©2004 Michael Tettinger
Mi. 30.06.2004 - Fr. 16.07.2004
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